Schadenbericht der Dornier-Werke in Lübeck

Schadenbericht der Dornier-Werke, nach dem Luftangriff auf Lübeck, am 25.08.1944

 

 

Bezeichnung des Werkes

Norddeutsche Dornier-Werke G.m.b.H., Werk Lübeck, Hauptwerk Curt-Helm-Straße 1-15, Flugzeugzellenbau, keine Engpass-Produktion.

 

Angaben über die Werkanlagen

Ausdehnung: 625m x 200m, direkt an einer Traveerweiterung gelegen.
Baulich: 8 massive Gebäude, eines mit Ziegeldach, zum Teil mit Bimsbetonplattendach, zum Teil Holzschalung mit Pappe. 19 Gebäude in Holzbauweise ausgeführt.

 

Angaben über die Werkluftschutzmaßnahmen

Gefolgschaft: 1680 Personen

Deutsche Männer: 790

Deutsche Frauen: 255

Ausländische Männer: 577

Ausländische Frauen: 58

 

Allgemein:

Splitterschutz für Maschinen und Einrichtungen sowie Fertigungsstraße war größtenteils fertiggestellt.

 

Werkluftschutzkräfte:

Diese waren während und nach der Arbeitszeit jeweils in genügender Anzahl vorhanden und einsatzbereit.

 

Brandschutzmaßnahmen

Eingesetzte Kräfte des Werkluftschutzes waren 5 Personen in der Befehlsstelle und 36 Mann als Werkfeuerlöschkräfte.

 

Zum Feuer löschen wurden verwendet:

1 stationäre Motorspritze für Vergaserkraftstoff (2000 l. Wasser pro Minute)

1 Motorspritze LF25 (2500 l. Wasser pro Minute

3 TS 8 (Tragkraftspritze) mit Fahrgestell (je 800 l. Wasser pro Minute)

 

Werksanitätskräfte:

Sämtliche Trupps; mit zusammen 27 Mann.

Der Abtransport der Verwundeten geschah zum größten Teil durch eigene Personenwagen, einige wurden von Wagen des Roten Kreuzes abtransportiert.

 

Luftangriff:

Wetterlage: klares Sonnenscheinwetter

Windrichtung: aus Südwest

10.20 Uhr: Luftgefahr 15

10.15 Uhr: öffentliche Luftwarnung

10.34 Uhr: Fliegeralarm

12.20 Uhr: Angriff

12.50 Uhr: Vorentwarnung

13.08 Uhr: Luftgefahr 15

13.09 Uhr: Fliegeralarm

14.20 Uhr: Luftgefahr vorbei

 

Verlauf des Angriffs und Einsatz der Werkluftschutzkräfte:

Um 12.20 Uhr wurde das Werk und die angrenzenden Werke sowie die zivile Nachbarschaft von 50 4-motorigen amerikanischen Bombern, die in 3 Pulks angeflogen kamen, von Südost nach Nordwest überflogen.

Auf das Werk NDL wurden nach Abwurf einer Nebel-Markierungsbombe 76 Bomben größtenteils 500 – 2000 lbs. abgeworfen. Auch die Umgebung wurde schwer getroffen. Eine Anzahl Bomben fiel in die Trave.

Etwa 30 Minuten nach dem Angriff, nachdem bereits die kleinen Schadenfeuer abgelöscht waren, explodierte im Dachstockwerk des Gebäudes Nr. 64 eine Flüssigkeitsbrandbombe und setzte das Stockwerk in größerem Ausmaße in Brand. Das Feuer wurde sofort von der Werksfeuerwehr von mehreren Seiten angegriffen. Außerdem beteiligten sich an den Löscharbeiten die Feuerwehreinheiten der Stadt Lübeck.

 

Personenschäden:

Leichtverletzte Ausländer: 2

Leichtverletzte Deutsche: 15

Schwerverletzte Ausländer: 5

Schwerverletzte Deutsche: 7

Tote Ausländer: keine

Gefallene Deutsche: 3

Die Gefolgschaft befand sich während des Alarms zum Teil in den fast fertigen Stollen und zum Teil in einer größeren Entfernung vom Werk im Wald verteilt. Im Werk selbst waren lediglich kleinere Einsatztrupps und Strafgefangene untergebracht. Nach Abwurf der Bomben wurde von jedem Sanitätstrupp in dem ihm zugeteilten Bezirk die erste Hilfe geleistet. Im Werk selber gab es lediglich zwei Schwerverletzte, von denen einer verschüttet war. Dieser wurde ausgegraben und dem Krankenhaus zugeführt. Die übrigen Schwerverletzten zogen sich ihren Verletzungen außerhalb des Werkes zu, an Orten, die sie sich selbst ausgewählt hatten. Auch die Todesfälle ereigneten sich auf gleiche Art.


Dachschäden:

Gebäude 60 (Teilebauhalle)

Beide Giebelfronten total beschädigt. Oberes Stockwerk, Bimsbetondach durch mehrere Volltreffer abgedeckt. Eisenkonstruktion schwer angeschlagen. Das Erdgeschoss kann größten Teils wieder verwendet werden, eine größere Anzahl Maschinen läuft wieder. Die gesamte mechanische Werkstatt war aus diesem Stockwerk heraus einige Zeit vorher an einen anderen Ort verlagert worden. Im Keller, in dem das Hauptlager untergebracht ist, ist auch ein größerer Deckeneinbruch erfolgt, außerdem hat ein Blindgänger sämtlicher Decken durchschlagen und lag in dem Zementfußboden des Lagers. Von den dort lagernden Teilen konnten etwa 90% gerettet werden. Die hier befindlichen Luftschutzräume einschließlich Befehlsstelle sind unbeschädigt.


Gebäude 61 (Wellblechschuppen)

In diesem Schuppen war ein Lager für Sauerstoff- und Acetylenflaschen, ein Sandstrahlgebläse und ein Hilfslager für die Betriebsschlosserei untergebracht. Luftdruck und ein etwa 500 kg schwerer Betonbrocken hat die eine Hälfte des Daches zerstört. Ein Teil der Sandstrahlgebläse-Einrichtung ist beschädigt, der Betrieb lässt sich aber notdürftig aufrecht erhalten. Die Flaschenlagerseite ist nur leicht beschädigt.


Gebäude 62 (Wasserpumpenstation)

Zeigt nur leichte äußere Schäden. Motorspritze war nach dem Angriff verschiedene Male in Tätigkeit.


Gebäude 63 (Kantine)

Geringfügige Dach- und Fensterschäden.


Gebäude 64 (Zusammenbauhalle)

Erhielt 6 schwere Treffer und eine schwere Brandbombe. 2 Bomben zerschellten im Gitterwerk der Dachkonstruktion, während die 4 übrigen außer Beschädigungen der Dachkonstruktion große Bombenkrater im Hallenfußboden hervorriefen und die Malerei zerstörten. Das Hallendach ist mit ca. 2000 qm beschädigt und der Malereianbau vernichtet. Außerdem wurden sämtliche Fenster zum Teil mit Eisenrahmen sowie die Oberlichter herausgeschlagen. Beide Spritzkabinen sind vernichtet.

Beschädigungen an Flugzeugteilen sind folgende:

17 Oberschalen, 18 Unterschalen und 65 zusammengebaute Flächen mehr oder weniger stark beschädigt. Eine Anzahl hiervon kann wieder repariert werden.


Gebäude 65 (Büro-Gebäude)

Es entstanden Dach-, Türen- und Fensterschäden in größerem Umfange. Außerdem haben sich einige leichte Wände verschoben, so dass diese abgebrochen werden müssen.


Gebäude 66 (Hilfslager)

Fenster- und Türenschäden.


Gebäude 67 (Kesselhaus-Gebäude)

Größere Dach- und Fensterschäden.


Gebäude 68 (Werkstattgebäude)

Es entstanden größere Fensterschäden. Einige eiserne Fensterrahmen sind vollständig herausgerissen.


Gebäude 69 (Büro- und Pförtnergebäude)

Es entstanden geringe Fensterschäden.


Gebäude 70 (Sauerstoff-Flaschenlager)

Nur Fenster- und leichter Gebäudeschaden.


Gebäude 72 (Vorrichtungshalle mit Schmiede)

Komplett zerstört. Eloxalanbau zu 90% intakt.


Gebäude 73 (Junkers-Lamellen-Halle)

Durch Luftdruck wurden sämtliche Fenster herausgeschlagen. Ferner wurde die Holzverschalung und sämtliche Tore eingedrückt.


Gebäude 74 (Werkstattbaracke / Wareneingang und Prüfstelle)

Geringer Gebäudeschaden durch Luftdruck, ebenso Fensterschaden.


Gebäude 75 (Werkstattbaracke / Vorschneiderei und Lager)

Durch Volltreffer und Luftdruck wurde dieses Gebäude vollständig zerstört. Maschinen wurden nur geringfügig beschädigt. Verluste an Fertigungsmaterialien.


Gebäude 76 (Büro-Baracke / Lohn- und DAF-Büro, Sanitätsstelle)

Wurde durch Volltreffer und Luftdruck vollständig zerstört.


Gebäude 77 (Handwerkerbaracke)

Durch Luftdruck vollständig zerstört.


Gebäude 78 (Entwesungsbaracke)

Durch Luftdruck vollständig zerstört.


Gebäude 79 (Verladeschuppen)

Stark beschädigt.


Gebäude 80 bis 89 (Lager-Baracken)

Haben nur zum Teil leichte Glasschäden.


Gebäude 90 und 91 (Lehrlingsheim)

Durch Luftdruck beschädigt. Größerer Glasschaden.

 

Produktionsstörung:

25.08. 100%ige Störung

01.09. Anlauf

04.09. lief die Fertigung wieder zu 90%.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Fertigung durch die rechtzeitige Verlagerung einiger Abteilungen nicht so getroffen wurde, dass ein dauernder Ausfall erreicht ist, obwohl 45% der gesamten Fabrikationsfläche zunächst ausfallen. Gerade durch die Verlagerung wurde erreicht, dass ein größerer Werkzeugmaschinenausfall vermieden wurde. Von den im Werk verbliebenen Werkzeugmaschinen sind schätzungsweise 15% ausgefallen. Kleinwerkzeuge sind zu etwa 20-25% ausgefallen.

Ohne Zweifel ist es gut, die Gefolgschaft in den Stollen zu bringen oder 1500 m weit in einen Wald zu führen. In diesem Fall hat es sich aber gezeigt, dass die Schutzräume keinen Volltreffer erhalten haben und daher bis auf eine kleine Ausnahme intakt geblieben sind.

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