Nettelsee

 

Flugzeugtyp:
Boeing B-17G-40-BO
Absturzdatum:
22.05.1944
Absturzzeit:
13.30 Uhr
Absturzursache:
Abschuss durch Flak
Werknummer:
42-97091 "DEAR MOM"
Rufzeichen:
-
Besatzung:
10 Mann (1KIA 9POW)
MACR:
4956
Einheit:
338.BG 561.BS
Startflugplatz:
Knettishall
Startzeit:
-
Herkunftsland:
USA
 Es ist Montag, der 22.05.1944. Für die Besatzung der Boeing B-17 "Dear Mom" beginnt dieser Morgen wie jeder andere mit einem "Briefing", einer Einsatzbesprechung. Ihr Auftrag lautet "Bombenabwurf auf Kiel". Für diese B-17, die am 01.04.1944 erstmals zum Einsatz kam, ist es die 17. Mission. Nur wenige Stunden später ,um 12.10 Uhr befindet sich die Maschine, die vom englischen Flugplatz "Knettishall" gestartet ist, in einer Flughöhe von 7.600m über Kiel. Um 12.54 Uhr erreicht der amerikanische Verband mit insgesamt 342 Bombern und Jagdflugzeugen (P-51 "Mustang" und P-38 "Lightning") die Schleswig-Holsteinische Westküste. Neun Minuten später überquert der Verband den Kieler Luftraum. Das Wetter ist besser als bei der Einsatzbesprechung beschrieben. Etwa vierzig bis fünfzig deutsche Abfangjäger kreisen in der Luft, die Marineflak feuert aus sämtlichen Rohren auf den Bomberpulk. Während amerikanische Begleitjäger die deutschen Abfangjäger angreifen und in heftige Luftkämpfe verwickeln, öffnet sich über Kiel der Bombenschacht der "Dear Mom". Als um 13.03 Uhr die letzte Bombe den schweren Bomber verlässt, schlagen drei direkte Flaktreffer in der Flying Fortress ein. Die Maschine steht sofort in Flammen. Der Pilot drückt die Boeing steil nach unten, auf eine Höhe von 5.500m und hofft, dadurch das Feuer löschen zu können. Aber der Versuch scheitert, die Maschine ist zu stark beschädigt und brennt lichterloh, das Schicksal der Boeing und der Besatzung ist damit besiegelt. Der Pilot gibt über die Bordfunkanlage den Befehl an seiner Besatzung sofort mit dem Fallschirm auszusteigen. Sgt. Hildebrand (der Heckschütze) verlässt als Erster durch die Not-Ausstiegsluke im Heck das Flugzeug, alle Anderen folgen wenige Augenblicke später. Die gesamte Besatzung landet auf feindlichem Boden und wird durch Zivilisten, Luftwaffenangehörige und einem Hilfspolizisten umgehend verhaftet. Die Gefangenen werden schließlich auf einen LKW verladen, um sie zum Marinestützpunkt nach Kiel zu bringen. Von der zehn Mann starken Besatzung befinden sich aber nur neun Mann auf dem Fahrzeug, ein Besatzungsmitglied fehlt. Ein deutscher Soldat und ein Landwirt nähern sich wenig später dem LKW, wuchten einen regungslosen, menschlichen Körper auf die Ladefläche und legen eine Decke über ihn. Die Gefangenen beobachten das Geschehen, können aber nicht erkennen wer sich unter der Decke befindet. Die deutsche Wachmannschaft verbietet es ihnen, die Decke anzuheben, um erkennen zu können ob es Sgt. Hildebrand, das fehlende Besatzungsmitglied ist. Der Co-Pilot wird mit einem gebrochenen Handgelenk, der Bombenschütze mit Schusswunden am rechten Oberschenkel, der MG-Schütze (vom oberen Geschützturm) mit Bruch des linken Knöchels, und der Bordfunker mit Verwundungen (durch Granatsplitter) am rechten Bein, zunächst in das Militärkrankenhaus nach Schleswig transportiert.

nettelsee-hildebrandtBei dem leblosen Körper, der von der Besatzung nicht identifiziert werden konnte, handelt es sich um den Heckschützen Sgt. Hildebrand (Foto links).
Mit einem Einschussloch im Kopf wird er zunächst zum Militärkrankenhaus in Kiel-Wik gebracht und später beigesetzt. Über den Tod des vermissten Heckschützen erhält die Besatzung von einem deutschen Wachmann die Information, dass Sgt. Hildebrand von einem Zivilisten aus Preetz erschossen worden sei. Im April 1945 trafen der Pilot und der Co-Pilot im Stalag VII (Strafgefangenenlager) in Mossburg wieder aufeinander. Der Pilot berichtete über die Informationen, die er von dem Tod des Heckschützen erfahren hatte. Demnach machte der deutsche Soldat, der damals gemeinsam mit dem Landwirt den leblosen Körper auf den LKW geladen hatte, eine Geste und deutete damit an, dass der Landwirt ihn erschossen habe.

Erst später wurde bekannt, dass der Heckschütze nicht von dem Landwirt sondern von einem deutschen Hilfspolizisten erschossen wurde. Der Hilfspolizist ist nach dem Krieg von einem Gericht zum Tode verurteilt und hingerichtet worden.

Um den genauen Absturzort dieser Maschine ausfindig machen zu können, waren auch hier die Angaben von Zeit- und Augenzeugen notwendig. Dabei erhielt ich auch die Information, dass der führerlose und brennende Bomber aus Richtung Kiel kommend über Nettelsee hinweg flog, auf Höhe "Kieler Kamp" um 180 Grad drehte, dort eines der vier Triebwerke verlor, von Süden kommend auf Nettelsee zuflog und schließlich abstürzte.

Nachdem der Absturzort auf etwa 1qkm genau beschrieben wurde, konnten die ersten kleineren Trümmerteile kartiert werden. Zeitlich bedingt, wurde der Absturzort nur teilweise abgesucht, um einen ersten Überblick über die ungefähre Ausdehnung des Trümmerfeldes zu erhalten. Hierbei wurde, neben den üblichen leeren Messinghülsen vom Kaliber .50BMG (12,7x99mm) und einigen Kleinteilen, auch das Bruchstück eines Zylinderkopfes (samt Kipphebel und Ventil) eines der luftgekühlten Motoren geborgen.

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