Flugzeugtyp:
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Handley P. Halifax |
Absturzdatum:
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28.07.1943 |
Absturzzeit:
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01.00 Uhr |
Absturzursache:
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Abschuss durch Me-110 |
Werknummer:
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JD150 |
Rufzeichen:
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DY-A |
Besatzung:
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7 Mann (7KIA) |
MACR:
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- |
Einheit:
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102 Squadron |
Startflugplatz:
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Pocklington |
Startzeit:
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22.32 Uhr |
Herkunftsland:
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GB |
Am späten Abend des 28.07.1943 (ein Mittwoch) startet die Halifax JD150 um 22.32 Uhr mit weiteren 786 Maschinen vom englischen Flugplatz Pocklington. Der offizielle Auftrag dieses Angriffes auf Hamburg lautet: "Operation Gomorrha". Die feindlichen Bomber vom Typ "Halifax" und "Lancaster" werden über dem Festland Schleswig-Holsteins von der Marineflak und zahlreichen deutschen Abfangjägern heftig unter Beschuss genommen. Aufgrund der schlechten Wetterlage teilt sich der angreifende Verband auf und nimmt hierbei auch Kurs auf das Sekundärziel - Kiel.
Im Luftraum über Rendsburg befindet sich auch Feldwebel Hans Meissner (NJG 3) mit seiner Me-110 und greift die Halifax JD150 gegen 01.00 Uhr an, die sich in einer Höhe von 5.500m in Richtung Kiel befindet. Mindestens einer der vier Rolls Royce Merlin XX Motoren geraten durch den Beschuss der Me-110 in Brand. Die Halifax verliert schnell an Höhe und verliert auf ihrem Weg zum Absturzort zahlreiche Aluminiumbleche, die man in den nächsten Tagen auf den Feldern auffindet. Es lässt sich nicht mehr feststellen, ob der Pilot den Versuch unternommen hat eine Notlandung durchzuführen, zumal die Sichtbedingungen in dieser Nacht sehr schlecht waren.
Die Kartierung und Auswertung des Trümmerfeldes sowie die Aussage von Zeitzeugen, deuten darauf hin, dass die Maschine in einem sehr flachen Winkel aufgeschlagen und explodiert ist.
Durch den Hinweis eines Anwohners wurde ich auf den genauen Absturz dieser Halifax aufmerksam gemacht. Am 02.12.2006 erfolgte schließlich mit dem Landeigentümer, der sich am Tage nach dem Absturz als Kind die ausgebrannte Maschine angesehen hatte, die erste Begehung. Bei dieser gemeinsamen Begehung war das ursprüngliche Ziel eine kurze Kartierung, zur Feststellung des Absturzortes, mittels Metalldetektor. Das erste Fundstück, das aus Sicherheitsgründen nur zum Teil freigelegt wurde, stellte sich später als eine 30lbs Brandbombe heraus. Aufgrund der typischen Merkmale dieser Kampfmittel wurde das Objekt sofort als solches erkannt, das Freilegen umgehend eingestellt und die teilweise freigelegte Brandbombe fotografiert. Durch den guten Kontakt zum zuständigen Kampfmittelräumdienst wurde diesem das Foto und die entsprechenden Informationen übermittelt. Die angerückten Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes bestätigten, dass es sich hierbei um eine 30lbs Brandbombe handelte, die, wie sich bei deren Bergung herausstellte, bereits ausgebrannt war. Dies war allerdings bei der Freilegung nicht zu erkennen. Der Räumdienst sondierte darauf hin das weitere Umfeld und konnte hierbei zehn weitere Brandbomben (30lbs), 108 Stabbrandbomben sowie einen Kopfzünder für die 30lbs Brandbomben bergen.
Nach dem Abrücken des Kampfmittelräumdienstes wurde der Absturzort von mir zunächst kurzfristig abgesucht. Ein starkes Signal des Metalldetektors sollte den weiteren Verlauf dieser Kartierung in eine ganz andere Dimension rücken. Die ersten Fundstücke, die bei diesem Signal in wenigen Zentimeter Tiefe zutage kamen, waren die Überreste zahlreicher Bordinstrumente. Diese Fundstelle brachte immer mehr Flugzeugteile zum Vorschein, die für die bisher durchgeführten Kartierungen anderer Absturzorte durchaus üblich waren und als "normal" zu betrachten sind. Dann wurde ein weiteres Bruchstück eines Bordinstrumentes freigelegt, das für Entsetzen sorgte. Bei genauerer Begutachtung dieses Fundstückes stellte ich fest, dass sich in diesem deformierten Instrument ein Knochensplitter befand, der sich dort festgesetzt hatte. Es war auf Grund des Fundumstandes (Flugzeugabsturz) nahe liegend, dass es sich bei diesem Knochensplitter um einen menschlichen, nicht um den eines Tieres handelt. Wie bei jedem Flugzeugabsturz den ich kartiere, sind mir die Informationen dahingehend bekannt, ob bei dem jeweiligen Absturz Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen sind, so wie in diesem Fall. Durch den Hinweis von dem Landeigentümer, dass die Weidefläche weder vor noch nach dem Absturz am 28.07.1943 weder gepflügt noch mit anderen Geräten umgebrochen wurde, war hier eine ganz besondere und intensive Kartierung und Freilegung von Fundmaterial zwingend erforderlich. Es durfte nichts übersehen werden, das auch nur Ansatzweise Rückschlüsse auf das Schicksal und die Identifizierung der Besatzung geben könnte.
Der winzige Überrest einer Landkarte wurde zwischen den geborgenen menschlichen Überresten gefunden und stammt ebenfalls von dieser Maschine.
Das nur 11mm kleine Stück Papier, zeigt den Kartenausschnitt der schottischen Küste von "Greenoch". Hier wird sehr deutlich wie wichtig es ist, eine archäologische Kartierung und Untersuchung akribisch durchzuführen. Der auf dem Kartenausschnitt erkennbare Küstenverlauf konnte nach etwa zweiten Stunden intensiver Suche mit "Google-Earth" lokalisiert und zugeordnet werden.
Zwei Jahre später, am 19.01.2009, wurde die Bergung der Motoren durchgeführt, drei der nahezu komplett erhaltenen V12-Rolls Royce Merlin XX Motoren geborgen und auf dem bewachten Gelände des Kampfmittelräumdienstes sichergestellt. Nach der Reinigung der Motoren konnte ein Typenschild an einem der Motoren abgelesen werden: "TYPE-MERLIN XX No. 97893 RIGHT HAND TRACTOR A 350694".
Weitere vier Wochen später, am 02.02.1009, wurde von mir die Bergung des vierten Triebwerkes durch den Räumdienst begleitet. Nach wenigen Stunden konnte auch dieser Motor auf dem Gelände des KMRD gelagert und sichergestellt werden. Zwischenzeitlich wurden die von mir geborgenen menschlichen Gebeine an die Behörde übergeben, die diese wiederum an den Air Attaché der britischen Botschaft in Berlin übergab.
Die Kartierung des Absturzortes war bis auf die bereits erwähnten Maßnahmen recht zügig und unproblematisch an insgesamt drei Tagen durchzuführen. Die Auswertung des kartierten und geborgenen Fundmaterials zeigt sehr deutlich die Richtung, aus der die Maschine aufgeschlagen ist und bestätigt auch die Zeitzeugenaussage, dass die Halifax aus Richtung Rendsburg kommend über den angrenzenden Feldern Teile verloren hatte. Das kartierte Trümmerfeld verteilte sich auf eine Fläche von ca. 1500qm. Die folgende Übersicht zeigt die Kartierung, die noch vor der Bergung der Motoren durchgeführt wurde. Eine spätere Kartierung hätte das Bild der Trümmerverteilung verfälscht. Aufgrund des sehr weichen und moorigen Untergrundes, verteilten sich die Flugzeugteile auf ein relativ kleines Trümmerfeld, die vier Motoren lagen im Maximum in einer Tiefe von nicht mehr als 2m. Der torfige Boden hatte im Laufe der Jahrzehnte die Motoren nahezu unversehrt konserviert, lediglich die hölzernen Propellerblätter hatten sich weitestgehend mit Wasser vollgesogen.
Das nächste Problem, vor dem vor allem die zuständige Behörde stand, war die Frage, was mit den geborgenen Flugzeugmotoren geschehen solle. Geeignete Räumlichkeiten waren nicht vorhanden und ein Museum, das diese Fundstücke hätte ausstellen können, gibt es bis heute nicht in Schleswig-Holstein. Man bat mich daher nach einer guten Möglichkeit zu suchen, die Rolls Royce Motoren "An den Mann zu bringen". Für mich war es nahe liegend, dass die Motoren der Halifax in ein Museum in England gehören. Schließlich wurde ein relativ kleines Museum (www.wingsmuseum.co.uk) gefunden, das sofort Interesse zeigte. Wenige Monate später wurden zunächst drei der mehrere Tonnen schweren Motoren von den Betreibern des englischen Museums auf dem Gelände des KMRD verladen und in ihre ursprüngliche Heimat transportiert. Für den vierten Motor reichte die Nutzlast des LKW nicht aus, die ohnehin schon an ihre Grenzen gelangt ist. Es vergingen nur wenige Wochen, dann wurde mit einem kleineren Transporter auch der vierte Motor nach England transportiert.
Zahlreiche Nachforschungen, auch seitens des englischen Museums, die Gravur auf dem Gehäusedeckel einer der geborgenen Armbanduhren, einem Angehörigen der Royal Air Force zuzuordnen, blieben bis heute erfolglos. Es handelt sich dabei zwar eindeutig um die Uhr eines englischen Luftwaffenangehörigen, weiteres lies sich bis heute, aufgrund fehlender Dokumente, jedoch nicht ermitteln. Auch den englischen Verteidigungsministeriums "MOD" war es nicht möglich, weder die Seriennummer der Triebwerke noch die auf der Armbahnuhr befindliche Gravur einer Besatzung zuordnen zu können. Ob eine forensische Untersuchung (DNA) der menschlichen Überreste erfolgt, bleibt abzuwarten. Dazu bedarf es jedoch die Familienangehörigen der Besatzung ausfindig zu machen.
Zwischenzeitlich begann man im englischen Wingsmuseum, in dem sich die geborgenen Rolls Royce Merlin Motoren befinden, die Einzelteile und die Motoren mit einem enormen Zeitaufwand zu restaurieren. Man entschloss sich sogar dazu, einen dieser Motoren wieder in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Zahlreiche Fotos dazu finden Sie hier.